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Klaus Nicolai - CYNETart, Dresden

Zuletzt verändert: 08.12.2005 12:13

(hat im Exerzitienhaus übernachtet und überlegt am Tag von Marias Unbefleckter Empfängnis, wie sich dieses Neue, nicht-sexuelle vermittelt hat...)

Ein Beispiel zu Beginn:

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(eine Frau tanzt mit ihrem/ihren Schatten)

Bei diesem Projekt geht es um die Verschränkung der Zeitebenen: Während die Frau sich bewegt, entwickeln ihre Schatten, mehrfach dupliziert im Hintergrund der Tanzenden ein Eigenleben. Es geht um die Verschränkung von Zukunft, Gegenwart und Vergangenheit. Wir haben als Menschen die Fähigkeit zu erinnern und zu antizipieren, also vorwegzunehmen.

Der virtuelle Raum verbindet sich so direkt mit dem physischen Raum. Die Kamera dient als Membran zwischen diesen beiden Räumen. Wir können über Linien, Felder, Punkte mit mehreren Kameras Mehrdimensionalität übersetzen, Gesten, horizontale und vertikale Verdichtungen - wir können direkt über leibhaftige Bewegungen mit einem virtuellen Raum kommunizieren.

Klaus (nach Eigendefinition metaphysisch-spirituell veranlagt) wurde in der Nacht etwas klar: Netze sind eigentlich etwas sehr Statisches. Nicht nur das Fischernetz, sondern zB auch das Netz aus dem gestrigen Film. Ein Netz ist etwas, das uns einschränkt, einwebt - wir sind fest im Netz verwebt, auch wenn wir es überhaupt nicht mehr wahrnehmen!

Wir sollten auf einen klassischen Begriff zurückkommen, der seit Marx theoriebildend ist: der Begriff der VERHÄLTNISSE. Menschen gehen Verhältnisse ein, die dann zB über Medien vermittelt werden. Konkret, zB in Form von Liebesverhältnissen, aber auch abstrakt, wie über Verträge. Kultur ist ein spezifisches gesellschaftliches Verhältnis. Die Frage ist nun: In Bezug auf was gehen wir Verhältnisse ein? Kultur geht auf unser Befinden in der Welt ein - auch etwa in der Warenproduktion. Ein Produkt verkauft sich nur, wenn es das Befinden passend spiegelt.

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**Wort-Sprache-Zeichen-Körper**

Mein Theorieanspruch: Wir leben in einer "verstuhlten" Gesellschaft. Der gesunde Mensch konstituiert sich aus einem Wechselspiel aus körperlicher Bewegung, innerer Bewegtheit und rationaler Erfassung der Welt. Doch heute werden wir schon sehr früh in eine Form der Anti-Bewegung gepresst, die uns eines wichtigen Teils unseres Selbst-Verständnisses beraubt. Kein Wunder, dass Körperlichkeit in einer Art Parallelbewegung erst langsam wieder zurückgeholt werden muss, etwa indem esoterische, asiatische oder andere Bewegungsformen wie Qi Gong wieder ins Leben implementiert werden. Das sind horizontale Strukturen, die sich den vertikalen Strukturen zu widersetzen suchen.

Net-Art

Mich interessieren Repräsentationen, die AUSSERHALB von uns existieren, wie etwa die Schrift.

Im Netz beispielsweise der CHAT: In rasender Geschwindigkeit werden Botschaften geschickt, die sehr körperlich sind ("krächz!"), in denen Bilder eine große Rolle spielen, Sprache zB über Webcam verarbeitet wird... Das Netz bildet ein neues Medium, in dem sich der Einzelne auf völlig neue Art mit anderen kommunikativ verbindet - Kooperation, Kommunikation, Kollaboration! Es bilden sich Gemeinscahften, die neue Welten bauen, neu über die Welt nachdenken, in einer übergreifenden Sprache (Englisch) miteinander kommunizieren... Das ist natürlich auch sehr problematisch, wenn wir zB darüber nachdenken, was mit anderen Sprachen passiert, oder wie der Umgang Körperlichkeit-Sprache, der früher ERFAHRUNG war, sich nun verändern mag.

Die Frage der *Netz(re)präsentation" haben wir zB in einem Projekt aufgegriffen, in dem aus dem Netz heraus eine eigene Netzpoesie entwickelt wird, die mehr oder weniger metaphorisch die multiple Vieldimensionalität des Netzes darstellt. Über die neuen Medien können wir Dinge wieder in unsere Körperlichkeit zurückrufen, eine rationale Vorstellung von dem, was Welt ist - aber damit konstruieren wir bereits wieder. Realität und Virtualität verschwimmen.

**Dresden 2003: Projekt Globale europäische Felder**

Im öffentlichen Raum haben wir interaktive Plätze installiert, in denen wir unsere Körperbewegungen als Klang oder Bild erfahren. Wir wollen verschiedene solche Plätze auf der Welt bauen, die übers Internet Erfahrungen transportieren können: Menschen an einem Ort bauen virtuelle Räume, die übers Netz an andere Orte übertragen werden und dort von anderen wahrgenommen werden können. Das ist ein metaphorischer Versuch, ein (Körper)Gefühl für Globalisierung zu gewinnen.