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Kapitel 2

last modified 2005-11-02 13:09
Ted Kaczynski vor seiner Hütte in Montana, 1971

Im Rückblick erscheinen die Macy-Konferenzen als eine Plattform, an der "ein Theorie-Werden im Vollzug beobachtet werden konnte" 5 .
Die drei entscheidenden Bausteine für dieses Theorie-Werden stammten allesamt aus den 40er Jahren des vorigen Jahrhunderts:
Warren McCullochs A Logical Calculus of the Ideas Immanent in Nervous Acitivity , Norbert Wieners Behavior, Purpose and Teleology und Claude Shannons Mathematical Theory of Communication.
Sie lieferten die theoretischen Anstöße, aus denen die Teilnehmer der Macy-Konferenzen eine universale Theorie der Regulation, Steuerung und Kontrolle zu entwicklen suchten. Diese Theorie beanspruchte, für Lebenwesen ebenso wie für Maschinen, für ökonomische ebenso wie für psychische Prozesse und für soziologische ebenso wie für ästhetische Phänomene zu gelten.

Für die teilnehmenden Wissenschaftler verschiedenster Disziplinen und Fachgebiete war das menschliche Selbst "computationally constituted" (McCulloch), der Mensch ein besonderer Fall der Informationsmaschine, und die Informationsmaschine ein besonderer Fall des Menschen. "Die symbolische Welt, das ist die Welt der Maschine". 6  Mit Hilfe der von Norbert Wiener entwickelten Kybernetik setzte sich eine neue Denkweise durch, die mit der Entwicklung von Waffenlenk-und -kontrollsystemen aufkam, wobei sich die Unterschiede zwischen Belebtem und Unbelebtem verwischten: "Ich vermute, dass ein großer Teil eines Tieres oder einer Pflanze redundant ist, denn es hat gewisse Probleme damit, sich exakt zu reproduzieren, und es gibt eine Menge Rauschen. Eine Mutation scheint ein Stück Rauschen zu sein, das in eine Nachricht hineingerät", schrieb Norbert Wiener 1948, für den die "Gene" das grundlegende "Kontrollelement" darstellten. Control and Communication , so der Titel seines Buchs, waren für ihn identisch.
Joseph C.R.Licklider, ein anderer Teilnehmer der Macy-Konferenzen und u.a. Interfacedesigner von Frühwarnsystemen wie SAGE und Großcomputern wie Whirlwind, sprach vom Menschen als einer "humanly extended machine". Nach Licklider waren Apparate nicht nur Extensionen von Menschen, sondern ebenso Menschen Extensionen von Apparaten. Maschinen würden künftig nicht nur von ihren "Herren" benutzt werden, sondern selbst die Grenzen und Schnittstellen zwischen jenen Einheiten organisieren, die man nach Belieben Mensch und Natur, Mensch und Apparat, Subjekt und Objekt, Psyche und Techne nennen konnte.

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5Siehe Claus Pias: Die kybernetische Illusion, in: Claudia Liebrand/Irmela Schneider (Hg.): Medien in Medien, Köln 2002, 51-66.zurück
6 Jacques Lacan: Das Ich in der Theorie Freuds und in der Technik der Psychoanalyse, Seminar 2, Weinheim/Berlin 2.Aufl.1991, 64; siehe auch Friedrich Kittler: Die Welt des Symbolischen - eine Welt der Maschine, in: Ders.: Draculas Vermächtnis. Technische Schriften, Leipzig 1993, 58-80. zurück