Kapitel 5
Durch das Haus des Seßhaften, heißt es bei VilĂ©m Flusser, brausen Orkane von Daten und Nachrichten, durchlöchern es und machen es unbewohnbar. Ungehindert dringen sie in die menschlichen Behausungen ein, verwischen die Grenzen, die Privates von Öffentlichem trennen und Heimat von Fremden. Die Nationen, Vaterländer, Werte und Heimaten verlieren sich in einem kybernetischen Raum, einer immateriellen Sphäre.
In ihr sind alle gleich, gleichgütig ob sie sich an der Erde ihrer Väter festkrallen oder sich leichten Herzens vom virtuellen Wind forttragen lassen. Alle sind zum Nomadendasein verurteilt, Flusser würde sagen: "befreit".
Die Millionen gegenwärtiger und zukünftiger Migranten wären dann der Vorposten einer Zukunft, in der alle nach dem Zusammenbruch der Seßhaftigkeit wieder Nomaden würden.
Das wären optimale Voraussetzungen für eine Globalisierung, die nach dem Modell einer Welt als "offenem System" betrieben wird. Eine Welt, in der das Denken, das Gehirn und der Körper nicht mehr zusammen gedacht werden müssen, sondern wo es nun um Virtualität und Körperlosigkeit geht. Sprache wird nun zirkulär, aus Wahrheit ist nun Wahrscheinlichkeit geworden und Realität zur Konstruktion.
Zugleich scheint sich der Traum von einer universalen Weltsprache zu erfüllen, die logisch, mathematisch und präzise ist, mit der man sowohl transnational als auch mit Maschinen sprechen kann und mit der auch Maschinen mit Maschinen kommunizieren können. In einer Zeichen-und Bildsprache, die komplexer ist als etwa die Protokollsatz-Sprache des Wiener Kreises. Das erlaubt es auch, nciht mehr den Menschen denken zu müssen. Der ist jetzt nur noch Zeichen oder, in einer zynischeren Diktion: Datenmüll.